Radiotelephonie. Performance und Installation (nach einem Schwenk von Chris Marker)


Zukunft des Radios. Radio wird noch immer in Hinsicht seiner Distribution, der Verteilung der Stimme im Raum, unterschätzt. Die Zukunft des Radios liegt im Testen dieser Distribution, sie ist das Spezifische des Mediums, das sich nicht durch andere Medien (Fernsehen, Internet, Handy) ersetzen läßt. Deshalb geht es LIGNA darum, Modelle der Distributionssituation zu produzieren. Radiotelephonie ist eine Kommunikation für mehr als eine/n TeilnehmerIn, in der die Zerstreuung zählt.  

Konstellation. Zwei Personen mit je zwei megaphonartigen Lautsprechern streifen durch die Stadt. Die Lautsprecher hängen an einer langen Stange, die aus einem Rucksack in die Höhe ragt. Aus den Lautsprechern kommt ein in der ganzen Stadt ausgestrahltes Radioprogramm. Das Radioprogramm verändert akustisch den Straßenraum, es wird nicht gleich als Radio erkennbar, sondern vielleicht eher als Werbeträger einer anderen Zeit, aber es wird für nichts geworben. Die Träger der Lautsprecher werden zu beweglichen Radios. Sie machen die elektromagnetische Ausstrahlung des Radios hörbar und erzeugen eine neue Situation.  
Performance. Eine mögliche Nutzung dieser Konstellation wäre es, die beiden RadioträgerInnen/hörerInnen miteinander über das Radio telephonieren zu lassen. Beide können mit Mobiltelephonen in der Radiostation anrufen, die das Programm ausstrahlt, das sie empfangen. Ihre eigene Stimme wird dann durch den Lautsprecher ausgestrahlt – und die Stimme der abwesenden anderen Person. Sie sprechen nicht über irgendetwas, sie sprechen über die Räume, in denen sie sich bewegen, über die Stadt und ihre Beschaffenheit. Sie kommen darüber vielleicht auch mit anderen PassantInnen ins Gespräch. Sie stellen eine neue Öffentlichkeit her. 

Installation. Wenn sie nicht genutzt wird, können die beiden Geräte in den Räumen der Ausstellung gezeigt werden. Sie lehnen an der Wand, doch ohne Verwendung sind die Radios mit den externen Lautsprechern nutzlos, Elektro-Schrott, im besten Falle Kunst. Radio muß (in welcher Form auch immer) benutzt werden, damit es Wirkungen entfaltet. In dem Moment, wo die technischen Dinge in Gebrauch genommen werden, verändern sie sich. Diese In-Gebrauch-Nahme passiert kaum von selbst – als „Partizipation“ der AusstellungsbesucherInnen. AusstellungsbesucherInnen haben meist andere Interessen, ein anderes Begehren. Deshalb muß die Aneignung der Radiolautsprecher organisiert werden. Leute müssen eingeladen werden, die Konstellation zu testen. Radiotelephonie ist eine Einladung für eine Testreihe. Indem z.B. über die Dauer einer Ausstellung immer wieder Leute und Gruppen direkt eingeladen werden, diese Dinge zu benutzen, verändern sie sich. Geschichten häufen sich an, sie vervielfältigen sich durch die Tests. Auflage für die Tests muß deren Dokumentation wiederum in der Ausstellung sein.